Minusstunden
Artikel der Gewerkschaft gpa-djp,
Anmerkungen in Kursiv.
Immer wieder wird die Gewerkschaft mit der Frage konfrontiert, ob
„Minusstunden“ zulässig sind, wie man sie einarbeiten muss oder ob es dadurch zu Gehaltseinbußen kommen kann.
Grundsätzlich muss man sich anschauen, wie die Minusstunden überhaupt zustande gekommen sind, das heißt, ob sie durch den Mitarbeiter verursacht worden sind (Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer) oder ob Minusstunden durch mangelnde Arbeit oder Diensteinteilung entstanden sind (Vertragsverletzung durch den Arbeitgeber).
Hier hat ein Urteil des Oberlandesgerichtes in Wien endlich und sehr klar eine Entscheidung getroffen (OLG Wien 28.10.2008 7 Ra 100/08i):
Gemäß § 1155 Abs 1 ABGB gebührt dem Arbeitnehmer auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die aufseiten
des Arbeitgebers liegen, daran gehindert worden ist.
Erstellt also ein Arbeitgeber (Filialleiter, Abteilungsleiter, etc.) Dienstpläne, die es dem Arbeitnehmer laufend unmöglich machen, die im Vertrag vereinbarten Wochenstunden zu erbringen,
kann der Arbeitnehmer nicht dafür verantwortlich gemacht werden, das Gehalt darf deswegen nicht gekürzt werden.
Für Minusstunden, die z.B. in dem darauf folgenden Monat durch Mehrarbeit eingearbeitet werden sind jedoch auch die Zuschläge für Mehrarbeit bzw. Überstunden zu bezahlen bzw. sind diese Zuschläge in Zeitgutschrift abzugelten.
Durchrechnungszeiträume, die durch Betriebsvereinbarungen geregelt sind, sehen im Handelskollektivvertrag für die Angestellten keine Übertragungsmöglichkeit vor. Daher verfällt die Zeitschuld (Minusstunden). Der Arbeitgeber muss somit die fehlende Arbeitszeit bezahlen und kann sie nicht abziehen. Die Minusstunden am Ende eines Durchrechnungszeitraumes müssen daher auf Null gestellt werden.
Ein nicht übertragbares Zeitguthaben wird am Ende des Durchrechnungszeitraums je nach Anfall zu Überstunden oder Mehrarbeit und damit zuschlagspflichtig.
Endet das Arbeitsverhältnis vor dem Ende des Durchrechnungszeitraums, verfällt die Zeitschuld, also die Minusstunden, sie können nicht bei der Endabrechnung abgezogen werden.
Ein Abzug bei der Endabrechnung ist nur möglich bei Austritt ohne wichtigen Grund und Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers.
In jedem Fall empfiehlt die Gewerkschaft eine Beratung durch ihre ExpertInnen in den Bundesländern.
Achtung: Mitarbeiter/innen, die der Gleitzeit unterliegen, zB in der Zentrale, können bis zu 20 Minusstunden übertragen. - Hier ist jede/r selbst verantwortlich diese wieder einzuarbeiten. Es kann auch per Einzelvereinbarung ausgemacht werden, dass, zB zur Erlangung einer längeren, zusammenhängenden Freizeitperiode, Minusstunden gemacht werden können. - Dies muss vom Arbeitnehmer ausgehen!
Generell gilt: Auch bei Einarbeitung von Minusstunden können die erlaubten Arbeitszeiten nicht überschritten werden! Verhinderungen wie
Kinderbetreuung müssen vom Dienstplanersteller berücksichtigt werden!
Wenn man also einen/eine Kunden/-in nicht zu Hause antrifft, sollte man als erstes seine/n Vorgesetzte/n informieren. Da dieser Einsatz als Arbeitszeit gilt, kann der/die Vorgesetzte dann einen Ersatzeinsatz einteilen. Wenn es keinen Ersatzeinsatz gibt, kann man auch in die Dienststelle gehen, um dort administrative Tätigkeiten zu verrichten.
Minusstunden aufgrund von Klienten-Ausfällen, verfallen - außer du stimmst nach telefonischer Rücksprache mit der/dem Vorgesetzten Zeitausgleich zu. Am Besten du stimmst dich mit deiner Betriebsrätin/deinem Betriebsrat ab!
Zeitausgleich nur im Einvernehmen
Die Teamleitung kann bei einem Kundenausfall auch vorschlagen stattdessen den nächsten Kunden auf dem Einsatzplan vorzuziehen und damit auch früher den Dienst zu beenden. Da es sich dann aber um Zeitausgleich handelt ist dies eine Vereinbarungssache zwischen Arbeitgeber/Arbeitgeberin und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin und kann daher nicht einseitig von der Teamleitung verlangt werden. Das heißt, wenn Zeitausgleich an diesem Tag nicht in Frage kommt, kann man bei einem Kundenentfall auch in der Zwischenzeit ins Büro gehen, um die restliche, geplante Arbeitszeit für diesen Tag mit administrativen Tätigkeiten zu verbringen. Denn wenn ein Kundenausfall bei einer 20 Stunden Woche 4x im Monat passiert und man immer Zeitausgleich nehmen „muss“ (also früher heimgeht), ist das ein ganzer Arbeitstag, den man am Ende des Monats wieder einbringen müsste.
Wenn ein Kundenausfall am Abend oder Wochenende geschieht, kann man diese Einsatzzeit verrechnen. Am Wochenende sind nämlich die Büros geschlossen, also auch wenn man in der Zeit des Kundenausfalles ins Büro gehen wollen würde, um administrative Tätigkeiten zu verrichten, so ginge das nicht.
In jedem Fall sollte man mit der Leitung abklären, wie man diese Zeit ersetzt. Bei Fragen oder Unklarheiten bitte jederzeit den Betriebsrat kontaktieren
Weiter relevante Links zum Thema:
https://ooe.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/arbeitszeit/Lohnabzug_fuer_Minusstunden.html
Bild: By Gugerell (Own work) [CC0], via Wikimedia Commons; Justizpalast (Link)