Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen

 Dienstnehmer erhalten für bestimmte Arbeiten bzw. Arbeiten, die unter besonderen Bedingungen geleistet werden, neben dem Grundgehalt bzw. -lohn noch Zulagen. Zu jenen, die abgabenrechtlich als Sonderfälle gelten, sind die Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (SEG-Zulagen) zu zählen.

 

Arbeitsrecht

Der arbeitsrechtliche Anspruch auf derartige Zulagen ist in lohngestaltenden Vorschriften, wie z. B. im Gesetz, im Kollektivvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Dienstvertrag, geregelt. Hat nun ein Dienstnehmer Anspruch darauf, so sind die Zulagen unter bestimmten Voraussetzungen in das regelmäßige Entgelt einzubeziehen (z. B. Kranken-, Urlaubs- und Feiertagsentgelt).

 

Sozialversicherung

Schmutzzulagen sind in der Sozialversicherung beitragsfrei zu behandeln, soweit sie nach § 68 Abs. 1, 5 und 7 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegen. Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind hingegen beitragspflichtig.

 

Lohnnebenkosten

Der Dienstgeberbeitrag (DB), der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) sowie die Kommunalsteuer sind ungeachtet dessen für derartige Zulagen zu entrichten. (Hinweis: Die Befreiungsbestimmungen bei den Lohnnebenkosten für begünstigt behinderte Dienstnehmer und Lehrlinge sowie Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sind zu beachten.)

 

Lohnsteuer

Das Gesetz sieht unter anderem für SEG-Zulagen einen Steuerfreibetrag bis zu einer Höhe von € 360,00 monatlich vor (vgl. § 68 Abs. 1 EStG 1988). Für Dienstnehmer, deren Normalarbeitszeit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend in der Zeit von 19:00 Uhr bis 7:00 Uhr liegt, erhöht sich dieser Betrag um 50 % auf € 540,00 pro Monat (vgl. § 68 Abs. 6 EStG 1988).

 

Damit die Zulagen steuerfrei behandelt werden können, müssen nach herrschender Lehre und Rechtsprechung im Wesentlichen drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein. Liegt nur eine der nachstehend genannten Voraussetzungen nicht vor, kommt die begünstigte Besteuerung nicht in Betracht.

 

Formelle Voraussetzung

Die SEG-Zulagen sind nur steuerbegünstigt, soweit sie

  • auf Grund gesetzlicher Vorschriften,
  • auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,
  • auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
  • auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
  • auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
  • auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG) auf der Dienstgeberseite zwischen einem einzelnen Dienstgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Dienstnehmerseite abgeschlossen wurden, oder
  • innerbetrieblich für alle Dienstnehmer oder bestimmte Gruppen von Dienstnehmern

gewährt werden.

 

Info

Hinweis: Werden derartige Zulagen freiwillig gewährt, so unterliegen diese nicht den Bestimmungen des § 68 EStG 1988 und sind daher steuerpflichtig.

 

Funktionelle Voraussetzung

Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn die SEG-Zulagen neben dem Grundgehalt bzw. -lohn gewährt werden. Das heißt, sie sind ein zusätzlicher Gehalts- bzw. Lohnbestandteil und dürfen nicht auf Kosten einer arbeitsrechtlich unzulässigen Kürzung des Grundgehaltes bzw. -lohnes ausbezahlt werden. Zudem dürfen die Zulagen nicht aus dem Grundgehalt bzw. -lohn herausgeschält werden.

 

In diesem Zusammenhang kommt es weiters darauf an, dass das Ausmaß der Zulage angemessen ist. Davon wird im Regelfall dann auszugehen sein, wenn die Zulage der Höhe nach einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 entspricht. Zahlt der Dienstgeber höhere Bezüge als die in der maßgebenden lohngestaltenden Vorschrift vorgesehenen Mindestlöhne, sind SEG-Zulagen grundsätzlich insoweit als angemessen anzusehen, als sie im selben Ausmaß erhöht werden wie das Gehalt bzw. der Lohn.

 

Materielle Voraussetzung

Für die Steuerfreiheit von SEG-Zulagen ist es außerdem erforderlich, dass der Dienstnehmer auch tatsächlich Tätigkeiten verrichtet, die nach ihrer Art und ihrem Ausmaß die gewährten Zulagen dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen. Die entsprechenden Merkmale dieser Zulagen werden im § 68 Abs. 5 EStG 1988 definiert:

 

Schmutzzulagen werden dafür gewährt, dass die Arbeit in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung (Verunreinigung) des Dienstnehmers und seiner Kleidung bewirkt (z. B. Arbeiten mit Teer, Arbeiten im Zusammenhang mit Tierkörperbeseitigung, Kesselreinigung, Verstaubung, Verschlammung, Arbeiten am Schlachthof). Darunter sind nach der Verkehrsauffassung nur solche Umstände zu verstehen, die von außen einwirken.

 

Erschwerniszulagen werden wiederum für Leistungen bezahlt, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Bildschirmzulagen stellen auf Grund des heutigen Standes der Bürotechnik daher keine Erschwerniszulagen dar. Das gleiche gilt bei Schreibarbeiten, bei bloßer Rufbereitschaft, bei der Tätigkeit als Hausarbeiter oder Portier oder bei der Tätigkeit im telefonischen Auskunftsdienst.

 

Der Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen muss innerhalb der jeweiligen Berufssparte gezogen werden. Ein Vergleich mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen "schlechthin" ist nicht möglich, weil es an allgemein vergleichbaren Arbeitsbedingungen fehlt. Der Vergleichsrahmen muss somit Gruppen mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen umfassen und darf dabei nicht zu eng gezogen werden.

 

Beispiel Vergleichsgruppe Autobuslenker: Aus der Lenkung und Betreuung überlanger Fahrzeuge (mehr als 10,90 m) ergibt sich eine außerordentliche Erschwernis im Vergleich zur Tätigkeit von Autobuslenkern im Allgemeinen.

 

Gefahrenzulagen sollen typische Berufsgefahren abgelten, die infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Dienstnehmers mit sich bringen.

 

Beispiele:

Die Erteilung von Fahrunterricht auf Solomotorrädern kann - im Unterschied zur Erteilung eines Fahrschulunterrichtes - für den Fahrlehrer mit einer erhöhten Sturzgefahr verbunden sein.

Bei Angestellten in medizinischen (ärztlichen) Ordinationen, die im Strahlenbereich arbeiten und hierfür eine nach lohngestaltenden Vorschriften abgesicherte Strahlenzulage erhalten, wird eine Berufsgefahr gegeben sein.

Gesundheitsgefährdungen, die der Betrieb von Kraftfahrzeugen, die Teilnahme am Straßenverkehr oder die Witterungsverhältnisse mit sich bringen (z. B. mögliche Bandscheibenschäden, Abgasschädigungen oder Rheuma), sind mit der Teilnahme am Straßenverkehr bzw. mit Arbeiten im Freien (Angehörige von Wachkörpern, Landwirte usw.) ganz allgemein verbunden und stellen daher keine typische Berufsgefahr dar.

Zulagen, die Bankangestellten im Hinblick auf die durch mögliche Banküberfälle drohende Gefahr für Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit gezahlt werden, stellen keine Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 dar, weil diese Gefahr nicht eine mit dem Beruf eines Bankangestellten zwangsläufig verbundene, typische Berufsgefahr ist. In diesem Fall handelt es sich nur um eine Allgemeingefahr.

 

Darüber hinaus ist - bezogen auf die gesamten vom Dienstnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb des Zeitraumes, für den der Dienstnehmer eine Zulage zu erhalten hat - zu prüfen, ob diese Arbeiten überwiegend eine außerordentliche Verschmutzung, Erschwernis oder Gefahr bewirken. Das geforderte Überwiegen liegt dann vor, wenn für mehr als die Hälfte der gesamten Arbeitszeit, für die eine Zulage gewährt wird, diese besonderen Arbeitsbedingungen zutreffen. Wird die jeweilige Zulage nur stundenweise gewährt, ist für das zeitliche Überwiegen auf die einzelne Stunde (mehr als die Hälfte der stündlichen Arbeitszeit) abzustellen.

 

Aufzeichnungspflicht des Dienstgebers

Im Zuge der Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) wird das Zutreffen der drei vorstehend genannten Bedingungen eingehend geprüft. Eine etwaige steuerliche Begünstigung für die Zulagen erfordert zusätzlich, dass der Dienstnehmer die in Rede stehenden Arbeiten tatsächlich verrichtet hat. Dazu muss mittels Lohnkonto und zugehörigen Grundaufzeichnungen nachgewiesen werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann diese geleistet wurden. Der Dienstgeber hat daher laufend genaue Aufzeichnungen zu führen. Zeugenaussagen, nachträglich beigebrachte eidesstattliche Erklärungen der Dienstnehmer und dergleichen reichen als Nachweis nicht aus.

 

Pauschalierte SEG-Zulagen können ebenfalls begünstigt besteuert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und die darauf entfallenden Zulagen über einen längeren Zeitraum einzeln aufgezeichnet werden. Daraus muss auch ersichtlich sein, dass die Arbeit überwiegend unter zuschlagswürdigen Umständen erfolgt. Für daran anschließende Lohnzahlungszeiträume muss nur mehr nachgewiesen werden, dass sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitraum, für den die Einzelaufzeichnungen geführt wurden, nicht geändert haben.

 

Fortgezahlte Zulagen

Beitrags- und steuerfreie Schmutzzulagen, die im Krankheitsfall an den Dienstnehmer als Teil des Krankenentgeltes weitergezahlt werden, bleiben auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in § 68 Abs. 7 EStG 1988 bzw. § 49 Abs. 3 Z 21 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abgabenfrei.

 

Während des Urlaubes mit dem laufenden Urlaubsentgelt ausbezahlte SEG-Zulagen sind beitrags- und steuerpflichtig, weil während dieser Zeit keine Arbeitsleistungen unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen erbracht werden.

 

Auch während eines Feiertages sind derartige Zulagen beitragspflichtig und mit dem Lohnsteuertarif zu versteuern.

 

Autor: Mag. Wolfgang Böhm/NÖGKK

Quelle: https://www.noedis.at/cdscontent/?contentid=10007.770347